Bioethanol: Mehr als eine Kraftstoffbeigabe

Vielfalt vom Ofen bis zur Brennstoffzelle

Bioethanol taugt für Biokraftstoff, und das war’s? Nicht ganz. Nachhaltiges Ethanol wird vielseitig verwendet: in der Mobilität, in Öfen oder in Reinigungs- und Lösemitteln. Ein Überblick.

Zu Beginn der Corona-Krise war Desinfektionsmittel bundesweit Mangelware. Nicht nur Krankenhäuser mussten damit ausgestattet werden: Neuerdings war es auch Vorschrift, fast jede Einrichtung mit entsprechenden Spendern zu bestücken. Deshalb hatten 2020 viele Unternehmen kurzfristig ihre Produktion umgerüstet, um für Nachschub zu sorgen. Darunter auch einige Hersteller von Bioethanol: Statt technischem Ethanol für Kraftstoffe wurde nun Neutralalkohol für Desinfektionsmittel hergestellt. Die CropEnergies AG aus Mannheim hatte als erstes reagiert, BASF und die Verbio BioEnergie AG folgten. Hierzu wurden die Herstellungsvorgaben für Ethanol so angepasst, dass Bioethanol genutzt werden kann. Um zu verhindern, dass Ethanol ohne Entrichtung von Steuern als Genussmittel getrunken wird, muss unversteuerter Alkohol nämlich vergällt werden (siehe Branntweinsteuer). Das bedeutet, dass Ethanol gewisse Chemikalien beigefügt werden, um es für den menschlichen Konsum unbrauchbar zu machen. Diese Stoffe dürfen wiederum aber nicht in Additiven oder Benzin enthalten sein.

Doch es gibt auch einige Einsatzbereiche, für die Bioethanol bereits seit langer Zeit verwendet wird.

Bioethanol-Öfen

In einigen Fällen dient Bioethanol als Brennstoff für kleinere Öfen. Diese sehen zwar häufig aus wie übliche Feueröfen oder offene Kamine. Sie werden allerdings nicht mit Holz geheizt, sondern mithilfe eines Bioethanol-Brenners. Im Vergleich zu einem Holzofen sind Bioethanol-Öfen die sauberere und einfachere Lösung: Das Ethanol wird in den Brenner gegossen, mit einem Streichholz entzündet und schon lodert es im Kamin. Häufig wird diese Brennerart auch verglast als Raumteiler verwendet. Zu bedenken ist jedoch, dass ein solcher Brenner nicht zur Unterstützung der Heizanlage gedacht ist, sondern lediglich für ein gemütliches Ambiente taugt. Praktisch: Ein Schornstein ist überflüssig, Ethanol verbrennt rückstandsfrei. Das spart ordentlich Geld und senkt den Wartungsaufwand.

Technischer Vorteil

Die technischen Vorteile allerdings überwiegen: Ethanol hat eine hohe Oktanzahl, die eine bessere und effizientere Verbrennung gewährleistet. Zwar hat Bioethanol zugleich einen geringeren Heizwert, was zu einem erhöhten Kraftstoffverbrauch führen kann, dieser wird durch den Effizienzgewinn bei modernen Motoren jedoch ausgeglichen. Dadurch ist der Mehrverbrauch so verschwindend gering, dass er nicht einmal messbar ist. Viele Verbraucher waren bei der Einführung von E10 besorgt, dass ihre Fahrzeuge Schaden aufgrund des erhöhten Ethanolgehalts tragen könnten. Schon damals waren diese Befürchtungen in den meisten Fällen unbegründet. Mittlerweilebestätigen allerdings auch zahlreiche Studien und Versuche, dass E10 den heutigen Benzinmotoren nicht schadet. Seit 2015 ist E10 der Referenzkraftstoff bei allen Emissionstests von neuen Fahrzeugen und die Ingenieure nutzen heute die Vorteile der besseren Verbrennung bei der Entwicklung neuer, effizienter Motoren.

Ethyl-tert-butylether (ETBE) als Antiklopfmittel

Um den Motor von innen zu säubern, Reibung und Verschleiß zu minimieren oder die Leistung zu verbessern, werden Kraftstoffen und Motorölen sogenannte Additive beigefügt. Sie sollen die Lebensdauer von Motoren verlängern. Besonders wichtig sind Additive daher bei älteren Fahrzeugen. Dem Benzin werden in Deutschland chemische Komponente wie Benzen, Methyl-tert-butylether (MTBE) oder Tetraethylblei beigemischt. Doch Benzen ist krebserregend und giftig, MTBE verunreinigt das Grundwasser und schon eine geringe Menge Tetraethyblei in den Atemwegen kann zu einer schwerwiegenden Bleivergiftung führen. Eine umweltfreundlichere Alternative ist Ethyl-tert-butylether (ETBE), das zu 47 Prozent aus Bioethanol hergestellt wird. Als Bonus hat dieses Additiv eine besonders hohe Oktanzahl, wodurch das Benzin klopffester gemacht wird. ETBE ist nicht mit reinem Bioethanol zu verwechseln: Das Additiv ist mit allen Benzinmotoren verträglich und grundsätzlich in allen Benzinsorten, die in Deutschland verkauft werden, enthalten. Es darf Benzin bis zu einem Anteil von 22 Prozent beigemischt werden.

Bioethanol und Brennstoffzellen

Bei Fahrzeugen gibt es neben fossilen Rohstoffen wie Benzin und Elektroantrieben noch eine weitere Alternative: Wasserstoff. Eine Brennstoffzelle kann Wasserstoff in elektrische Energie umwandeln oder unter Zuführung von elektrischer Energie Wasserstoff erzeugen. Doch der Transport des Gases ist problematisch und es lässt sich nur schwer speichern: Weil er eine geringe volumenbezogene Energiedichte hat, müssen besonders große Mengen des Gases im Auto aufbewahrt werden (zum Vergleich: Erdgas hat eine dreimal so große Dichte wie Wasserstoff). Eine mögliche Lösung ist, Bioethanol für den Transport zu verwenden und diesen dann durch Katalysatoren in Wasserstoff und Kohlendioxid zu spalten. Der Wasserstoff wird anschließend in eine Brennstoffzelle übertragen. Alternativ können einige Brennstoffzellen direkt mit Ethanol (oder Methanol) betrieben werden, diese heißen Direktethanolbrennstoffzellen.

Weitere Anwendungsbereiche

Grundsätzlich lässt sich Bioethanol auch zu weiteren Zwecken verwenden. Wegen seiner besonderen Eigenschaften, sowohl hydrophile als auch hydrophobe Stoffe zu zersetzen, gehört (Bio-)Ethanol zu den bedeutendsten Lösemitteln. Von Fetten über Harze bis hin zu Farbstoffen zerfallen zahlreiche Stoffe in Alkohol in ihre Bestandteile. Grundsätzlich gilt: Bioethanol hat eine Reinheit von 95 bis 100 Prozent und eignet sich deshalb gut als umweltfreundliche Alternative zu Brennspiritus oder als Zusatz zu Reinigungsmitteln, die nicht für die Haut bestimmt sind.

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