Wie Benziner klimafreundlicher werden

Das können Benzinfahrer für die Umwelt tun

Deutlich weniger CO2 –Ausstoß als klassisches Benzin, reduzierter Feinstaub und auch in älteren Autos sofort einsetzbar: Forschende sehen viele Vorteile im Kraftstoff E10. Warum sich umtanken lohnt.

Bis 2030 muss Deutschland seinen Kohlendioxidausstoß (CO2) drastisch reduzieren, wenn es die im Pariser Klimaschutzabkommen festgelegten Ziele erreichen will. Was den Straßenverkehr betrifft, setzt die Bundesregierung dabei vor allem auf Elektroautos. Der Haken: Zwar treiben inzwischen alle großen Fahrzeughersteller entsprechende Entwicklungen voran. Doch bis hierzulande flächendeckend mit Strom gefahren wird, vergeht noch viel Zeit. Was können Fahrer von Benzinern heute schon fürs Klima tun?

CO2-Bilanz von Ethanol ist ausgeglichen

Der Ablauf an der Tankstelle ist für viele routiniert: Mit einem Blick auf die aktuelle Preisliste ist schnell entschieden „hier tanke ich“ oder „ich fahre weiter“. Wer einen Benziner fährt, achtet in den meisten Fällen auf den Super 95-Preis, allenfalls noch zusätzlich auf den Super Plus-Preis. Immerhin will man wissen, wie viel Cent man durch den Normal-Sprit spart. Steht man an der Zapfsäule greift die Hand gewohnt zum Zapfhahn mit der Aufschrift „Super (E5)“. Doch seit 2011 ist an deutschen Tankstellen standardmäßig auch ein Zapfhahn für Super Benzin E10 reserviert. Diesem Benzin sind bis zu zehn Prozent Bioethanol beigemischt – daher das „E“. Das ist ein alkoholischer Kraftstoff, der aus Biomasse wie Zuckerrüben-Melasse, Futtergetreide, Mais oder organische Reststoffen hergestellt wird.

E10 im Tank ist im Hinblick auf die Umwelt die bessere Wahl. Ein Team der TU Wien führte dazu 2017 eine Reihe von Messungen bei drei unterschiedlichen Beimischungsgraden von Bioethanol (fünf, zehn und 15 Prozent) durch. Das Ergebnis: Je mehr Bioethanol beigemischt wurde, umso besser die Werte. Der höhere Anteil bedeutet nicht nur eine bessere Kohlendioxid-Bilanz des Treibstoffs selbst, wie Studienautor Marcus Szikora resümiert. Auch der tatsächliche CO2-Ausstoß beim Fahren verringere sich messbar. Dies seien zwei voneinander unabhängige Effekte, denen man gesondert Beachtung schenken müsse.

Zunächst einmal erzeugt das Verbrennen des biologischen Ethanols natürlich ebenfalls CO2. Im Gegensatz zu den fossilen Anteilen wird das Kohlendioxid aber bei der Produktion ausgeglichen. Bioethanol besteht zum Großteil aus heimischen pflanzlichen Rohstoffen sowie aus Reststoffen und Abfällen der Land- und Lebensmittelwirtschaft. Während die Pflanzen heranwachsen, entnehmen sie der Atmosphäre in etwa die gleiche Menge an Kohlendioxid, wie sie später erzeugen, und produzieren dabei Sauerstoff. Zudem ist gesetzlich festgelegt, dass bei der Herstellung von Bioethanol die Anlagen mindestens 50 Prozent der Treibhausgasemission einsparen müssen, neuere müssen seit 2018 sogar mindestens 60 Prozent einsparen.1 Moderne Anlagen erreichen laut Bundesverband der deutschen Bioethanolwirtschaft (BDBe) sogar Werte von mehr als 80 Prozent. Da dem Super Benzin E10 davon bis zu zehn Prozent beigemischt werden, wird die Einsparung beim Mischen durch zehn geteilt: Je Liter E10 werden somit durchschnittlich 126 Gramm CO2 vermieden.2 Doch damit nicht genug: Auch der Stickoxidausstoß beim Fahren sinkt um ein Viertel und die Feinstaubbelastung ist mehr als zwei Drittel geringer als bei Super 95, wie der Verband erklärt. Dies sind wichtige Beobachtungen, die die Klimaentwicklung positiv beeinflussen können.

In der (Bio-)Masse steckt die Kraft

Das Thema Kohlendioxidausstoß durch Verbrenner wird uns in Deutschland noch lange beschäftigen, wie die ernüchternde Jahresbilanz 2019 des Umweltbundesamts (UBA) unterstreicht: Mit einem Anstieg um 1,2 Millionen Tonnen lag die CO2-Emission allein im Verkehr im Vergleich zum Vorjahr bei 163,5 Millionen Tonnen Kohlendioxid. Die Ergebnisse von 2020 fallen besser aus – aber nur deshalb, weil die Deutschen Corona-bedingt weniger mit dem Auto gefahren sind. Das Umweltbundesamt rechnet vor allem im Verkehr wieder mit steigenden Emissionen, wenn nach der Pandemie die Mobilität wieder auf das Vorkrisenniveau ansteigt.
Von Jahr zu Jahr sind zudem immer schwerere und größere Autos unterwegs. In der Summe werde mehr Benzin und Diesel verbraucht. Karsten Schulz, Präsident für Technik beim Automobilclub ADAC, sagte in einem Gespräch mit der Funke Mediengruppe: „Der Anteil der Autofahrer, die tatsächlich E10 tanken, ist hierzulande denkbar gering, die CO2-Einsparpotenziale sind also bei weitem nicht ausschöpft und umfassen bis zu drei Millionen Tonnen CO2 jährlich.“ Der BDBe kommt bei 31,5 Millionen zugelassenen Benzinautos in Deutschland zum selben Ergebnis. Alle Benziner nur noch mit E10 zu betanken, hätte den gleichen positiven Effekt auf die Umwelt, wie eine Million Benziner auf einen Schlag durch emissionsfreie E-Fahrzeuge zu ersetzen. Zum Vergleich: Anfang 2021 waren in Deutschland gerade einmal 309.083 E-Autos zugelassen.

Für Autofahrer gibt es also gleich mehrere gute Gründe, um auf E10 umzusteigen: Das Auto stößt weniger CO2 in die Atmosphäre aus, der Liter kostet im Schnitt sechs Cent weniger als Super E5 und der Fahrer kann sofort etwas für seinen persönlichen CO2-Fußabdruck tun. Denn mehr als 95 Prozent der in Deutschland angemeldeten Benziner können gefahrlos und ohne Leistungsverlust mit E10 betankt werden. Im Zweifelsfall hilft ein Blick auf E10tanken.de oder der entsprechende Hersteller kann Auskunft geben.

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höheres CO2-Einsparpotenzial gegenüber Elektromobilität (Stand: 2021)

Alles, was es nun bräuchte, wäre der Griff zum anderen Zapfhahn an der Tankstelle.

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Pro-Sieben-Reportage: Warum wird der Ökokraftstoff immer noch so selten getankt?

Zum zehnjährigen Bestehen von E10 an deutschen Tankstellen hat der Sender Pro.Sieben eine Kurzreportage gedreht. Darin gehen die Reporter der Frage auf den Grund, warum der Kraftstoff bis heute eher ein Ladenhüter als ein Kassenschlager ist – obwohl die Argumente für E10 sprechen. Das Video gibt’s hier zu sehen.


1 BDBe
2 Berechnung: E10tanken.de

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