Bioethanol macht Benzin-Zusätze teils überflüssig

E10 besser als gedacht: Forscher legen neue Zahlen vor

Laut US-amerikanischen Forschern kann Bioethanol aufgrund seiner hohen Oktanzahl einen Teil der Additive im Benzin ersetzen. Diese sind häufig krebserregend und kohlenstoffintensiv. Das ändert nicht nur die CO2-Emission von Ethanol, sondern zugleich die Rechnungsgrundlage für weitere Forschungen.

Seit Jahren ist bekannt: Mit der Beimischung von Bioethanol lassen sich nicht nur die Feinstaubbelastung und die Stickoxid-Emissionen, sondern auch der CO2-Austoß von Benzin deutlich senken. Wie groß dieser positive Effekt ist, wurde bislang aber völlig unterschätzt, wie eine neue Studie von US-amerikanischen Forschern der Organisation Transport Energy Strategies (TES) nun zeigt. 

Bisher wurde bei der Betrachtung ausschließlich untersucht, wie sich der Bioethanol-Anteil auf die Emissionen des eigentlichen Benzins auswirkt. Doch durch den Einsatz von Bioethanol werden auch einige der üblichen Additive im Super-Benzin ersetzt, die einen wesentlichen Teil zum hohen CO2-Ausstoß beitragen. Die Ethanolbranche hatte bis dato hervorgehoben, dass das Verdrängen der Additive die Luftverschmutzung senke und krebserregende Stoffe aus dem Tank verbanne. Doch die neue TES-Studie betont nun die Auswirkungen auf die Treibhausgasemissionen (THG): deren Reduktion steht im Verhältnis zum beigemischten Ethanol und wieviel Volumen an anderen Zusatzstoffen dadurch verdrängt werden können.

18,3 Millionen Tonnen CO2
könnte die USA jährlich mit E10 einsparen

In Zahlen: Bislang gingen die US-Amerikaner davon aus, dass Bioethanol in ihrem Benzin die THG-Emissionen um 43 Prozent senkt. Die neue TES-Studie ergab jedoch eine Reduktion von 56 Prozent. Für die einen ist das ein neuer Höchstwert, für die anderen längst Alltag: In der EU muss Bioethanol mindestens 50 Prozent THG-Emissionen einsparen, und erreicht je nach Anlage mehr als 70 Prozent.

Additive weisen hohen Kohlenstoffwert auf

Für die Studie berücksichtigten die Forscher von TES den gesamten Lebenszyklus von Bioethanol und Kohlenstoff. Dabei untersuchte das Team verschiedene marktübliche Kraftstoffzusammensetzungen sowie E10-, E15- und E20-Mischungen. Es stellte fest, dass die durch Ethanol verdrängten Zusätze einen hohen Kohlenstoffwert haben und somit die Beimischung von Alkohol die Treibhausgasauswirkungen des fertigen Benzins verbessert. Im Vergleich zu Benzin ohne Ethanolanteil reichte die Verbesserung der THG-Emission von 1,41 Prozent für E10 bis 3,04 Prozent für E20. Diese Zahlen wirken zunächst gering, würden laut Studienautorin Tammy Klein in den USA jedoch bereits mit E10 einen Unterschied von bis zu 18,3 Millionen Tonnen Kohlenstoffdioxid im Jahr ausmachen. Bei der Berechnung mit E20 kommt sie sogar auf 33 Millionen Tonnen jährlich. Vorausgesetzt, der Verbrauch wäre bei beiden Modellen derselbe. Testfahrten des ADAC und TÜV waren bisher nicht eindeutig. Manche Automodelle verbrennen E10 schneller als Super 95, andere langsamer.

Die Beimischung von Ethanol zu Benzin ist ein attraktiver Weg zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen von leichten Nutzfahrzeugen.
Tammy Klein
CEO, Transport Energy Strategies (TES)

Ethanol als Ersatz besonders gut geeignet

Schweden hatte bisher die besten Perspektiven auf den finalen Ausstieg. 2015 kündigte das Königreich an, bis 2030 Strom und Ethanol eignet sich besonders gut als Ersatz für Additive, weil er eine hohe Oktanzahl aufweist – eine Eigenschaft des Alkohols, die in vergangenen Untersuchungen vernachlässigt wurde. Warum ist das wichtig? Für Kraftstoffe gilt: Je höher die Oktanzahl, desto kontrollierter verbrennt das Benzin (auch als Klopffestigkeit bezeichnet) im Motor. Der aus Rohöl destillierte Basiskraftstoff weist lediglich Oktanzahlen von 50 bis 70 ROZ (Research-Oktanzahl) auf. Deshalb wird er veredelt und mit Antiklopfmitteln vermischt. In Deutschland werden diese bereits vermehrt aus Bioethanol erzeugt, um die erforderliche Bio-Beimischungsquote zu erfüllen.

Klein fasst zusammen: „Die Beimischung von Ethanol zu Benzin ist ein attraktiver Weg zur Reduzierung der THG-Emissionen von leichten Nutzfahrzeugen, wobei die Oktanzahl des Benzins beibehalten oder erhöht und der Feinstaub des Kraftstoffs reduziert wird.“ Ziel sei es nun, dass die neuen Zahlen aus der TES-Studie in die Berechnung des GREET-Modells (Greenhouse gases, Regulated Emissions, and Energy use in Transportation) einfließen. Die bisherigen Werte stammen aus einer veralteten Studie von 2010.

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Das GREET-Modell

GREET (Greenhouse gases, Regulated Emissions, and Energy use in Transportation) ist ein Analyse-Tool, das den Kraftverbrauch und die Emissionen von verschiedenen Fahrzeugen und Kraftstoffkombinationen simuliert. Für die erstellten Modelle wird jeweils der gesamte Lebenszyklus berücksichtigt. Für ein vollumfängliches Bild berechnet das Tool die Energie- und Emissionsauswirkungen fortschrittlicher und neuer Kraftstoffe für den Verkehr – vom Bohrloch bis zur Entsorgung des Fahrzeugs. Forscher und Analytiker nutzen es als Grundlage, um verschiedene Fahrzeug- und Kraftstoffkombinationen zu bewerten.

Berücksichtigt werden bei den Berechnungen etwa der Verbrauch der Gesamtenergie, von Brennstoffen und anderen Erzeugnissen, Emissionen von CO2-äquivalenten Treibhausgasen sowie die verschiedener Schadstoffgruppen.

Es wird vom Argonne National Laboratory gefördert.

Das komplette Paper zur Studie „Well-to-Wheels Carbon Intensity for Ethanol Blended Fuels“ (Kohlenstoffintensität von Kraftstoffen mit Ethanolbeimischung) lesen Sie hier.

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