Faktencheck: So nachhaltig ist Biokraftstoff

Skeptische Argumente auf dem Prüfstand

Teile der Politik und Umweltverbände laufen Sturm gegen Bioethanol und Co. Wie stichhaltig sind die Thesen der Kritiker?

Biokraftstoff soll Klima und Umwelt weniger belasten als fossile Brennstoffe. Geht diese Rechnung auf? Ja, sagen die meisten Akteure aus Politik und Wirtschaft, darunter der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE), der Bundesverband der deutschen Bioethanolwirtschaft (BDBe), die International Renewable Energy Agency (IRENA) und der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB). Einzelne Umweltaktivisten und -verbände melden jedoch Zweifel an.

Kritiker-These 1: „Essen im Tank“ verschärft Hungerkrise

Seit Beginn des Kriegs in der Ukraine und der damit einhergehenden Getreideknappheit werden die Vorwürfe lauter, Bioethanol und Biodiesel würden die globale Ernährungssicherheit gefährden. Stimmt das? Johann Meierhöfer, Referatsleiter Ackerbau & Nachwachsende Rohstoffe des Deutschen Bauernverbands, ist anderer Meinung. „Ohne Frage wird auch Getreide in Lebensmittelqualität zu Ethanol verarbeitet“, so Meierhöfer. „Wo ein Rohstoff letztlich landet, ist aber weniger eine Frage der Verfügbarkeit, sondern der Nachfrage. Ist die Nachfrage nach Brotweizen hoch, geht der Weizen in die Lebensmittelschiene. Ist sie gering, werden überschüssige Mengen auch an Ethanolhersteller verkauft. Außerdem gibt es immer auch Getreidequalitäten, die nicht zur Produktion von Lebensmitteln geeignet sind.“

Kritiker-These 2: Anbauflächen zerstören natürliche Ökosysteme

Der Anbau von Soja und Co. braucht tatsächlich viel Platz. Für Pflanzungen zur Herstellung von Biodiesel in Südamerika und Asien werden teilweise Regenwälder gerodet und Torfböden zerstört. Aber: In Europa werden die Rohstoffe ganz anders gewonnen. 99 Prozent der in der EU verwendeten Rohstoffe für Biokraftstoffe stammen auch aus der EU und werden streng zertifiziert. Dadurch wird indirekte Landnutzungsänderung (iLUC), also die indirekten Auswirkungen, die durch den Anbau von Energiepflanzen entstehen können, möglichst vermieden. Da Ethanol vor allem in Amerika größtenteils aus verarbeitetem Mais gewonnen wird, verringert es zugleich den Druck auf ölreiche und ökologisch sensible Gebiete wie Alaska, den arktischen Ozean, den Golf von Mexiko oder das Wattenmeer. Ethanol kann umweltschädliches Schieferöl ersetzen und es braucht keine Pipelines. Außerdem entsteht bei der Produktion wertvolles Viehfutter, was wiederum Sojaanbauflächen einspart.

Kritiker-These 3: Die verwendeten Pflanzen wachsen in Monokulturen

Ein weiterer Kritikpunkt: Die Rohstoffe für Biodiesel wachsen teilweise in schädlichen Monokulturen – also auf Feldern, bei denen mehrere Jahre lang die gleichen Pflanzen angebaut werden. Auch das trifft in einigen Ländern zu: In Argentinien und Indonesien wachsen Ölpalmen und andere Rohstoffe Jahr für Jahr auf denselben Flächen. Das lässt sich nicht verhindern, denn es existiert kein global verbindliches Verbot für Monokulturen. Die EU will jedoch künftig Importe von Palmöl aus Monokulturen verbieten. Für Bioethanol werden übrigens überhaupt keine Ölpalmen verwendet. In Deutschland und Europa gibt es ohnehin fast keine Monokulturen, hier setzt man auf die nachhaltige Fruchtfolge. Anbieter, die zertifizierte Rohstoffe aus der EU beziehen, nutzen also praktisch keine Monokulturen.

Noch immer sind 48,5 Mio. Verbrenner auf deutschen Straßen unterwegs. Solange das so bleibt, sind Biokraftstoffe die beste verfügbare Option.

Fazit: Biokraftstoffe sind die beste verfügbare Option fürs Klima

Jede Technologie hat ihre Vor- und Nachteile – das gilt übrigens auch für Elektroautos. In der Debatte fällt oft das augenscheinlichste Argument für Biokraftstoffe unter den Tisch: Bioethanol und Co. tragen wesentlich dazu bei, die Treibhausgasemissionen zu verringern. So wurden laut dem Thünen-Institut allein im Jahr 2020 elf Millionen Tonnen CO2 eingespart, weil weniger fossile Kraftstoffe verbraucht wurden.

Sind Biokraftstoffe ein Allheilmittel? Nein. Aber aktuell gibt es keine Technologie, die den Verkehr kurzfristig klimafreundlicher gestalten könnte. Noch immer sind 48,5 Mio. Verbrenner auf deutschen Straßen unterwegs. Solange das so bleibt, sind Biokraftstoffe die beste verfügbare Option. 

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