Mythbusting von der Produktion bis zum Verbrauch

Bioethanol: Eine Geschichte mit vielen Missverständnissen

Regenwaldrodung, Monokulturen und verhungernde Kinder – für all das soll Bioethanol verantwortlich sein. Jedenfalls, wenn man einigen Umweltverbänden und anderen Kritikern glaubt. In einer Artikelreihe werden unterschiedliche Vorwürfe betrachtet, geprüft und in den richtigen Kontext gesetzt.

Seit 2011 in Deutschland der Kraftstoff E10 – ein Super Benzin mit bis zu zehn Prozent Ethanol – eingeführt wurde, kursieren in der gesellschaftlichen Diskussion viele falsche Behauptungen über die Produktion von Ethanol: Von der Abholzung der Regenwälder im Amazonasgebiet über die Zerstörung von Mooren bis hin zu verhungernden Kindern in unterentwickelten Ländern. Dabei werden die Vorwürfe meist von Umweltverbänden erhoben. Wie bei allen landwirtschaftlichen Methoden gibt es auch bei der Produktion von Ethanol Potenziale und Herausforderungen. Allerdings wird in der Diskussion um „Biokraftstoffe“ selten differenziert, wie dieses Statement des Bundesumweltministeriums zeigt:

Würde man noch mehr Bio-Sprit aus Raps oder Palmöl ins Benzin mischen, wäre das ein dreifacher Schaden: für die Ernährung, der dann wertvolle Ackerflächen verloren gehen; für die Natur, die durch Regenwald-Rodung und Monokulturen zerstört wird; und sogar für das Klima, denn herkömmlicher Bio-Sprit stößt in der Summe oft deutlich mehr Treibhausgase aus als fossiles Benzin und Diesel.
Bundesumweltministerium auf Facebook (3.11.2020)

Auch wenn in den sozialen Medien Aussagen grundsätzlich vereinfacht dargestellt werden müssen und dieser Post vor allem dem Palmöl gewidmet war, zeigt dieses Zitat nicht nur eine fehlerhafte Verallgemeinerung von „Bio-Sprit“ und dessen Anbaumethoden, sondern auch eine grobe Falschaussage: Fossiler Diesel kann durch Raps und Palmöl ersetzt werden, mischt man es jedoch ins Benzin, wäre der Ottomotor hinüber.

Differenzierung ist wichtig!

Solch pauschalisierten Aussagen ist es zu verdanken, dass Ethanol aus Biomasse einen eher schlechten Ruf hat.  Dabei gibt es große regionale Unterschiede bei der Produktion, der Flächennutzung und der Treibhausgaseinsparung:

  • Bis heute ist erneuerbares Ethanol in den Kraftstoffen Super E5 und E10 der größte CO2-Einsparer für Ottomotoren in Europa. Pro Jahr werden über 3 Mio. Tonnen CO2 allein in Deutschland reduziert.
  • Die Ethanolproduktion in Europa unterliegt strengen Richtlinien, die unter anderem eine Mindesttreibhausgaseinsparung von 50% über die gesamte Wertschöpfungskette gegenüber fossilen Kraftstoffen verlangen und die den Anbau auf biodiversen und anderen sensiblen Flächen verbieten.
  • Ethanol wird in Europa aus Futtergetreide, Futtermais oder Zuckerrüben produziert und ist damit kein Konkurrent zur menschlichen Ernährung.
  • Bei der Produktion von Ethanol wird die ganze Ressource genutzt und es entstehen Proteinfutter und weitere Koppelprodukte.
  • In Europa werden Ethanol und die Koppelprodukte aus 2,2% der landwirtschaftlichen Fläche produziert.  Zum Vergleich: Allein die Brachflächen liegen bei der dreifachen Größe!
  • Zunehmend wird Ethanol auch aus Reststoffen der landwirtschaftlichen Produktion gewonnen.

In einer Beitragsserie über die kommenden Monate wollen wir über Missverständnisse der Ethanol-Produktion aufklären und den Mehrwert aufzeigen, den Ethanol im Vergleich zu fossilem Benzin hat.

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