Ein Kraftstoff extra für alte Autos – muss das sein?
Oldtimer und wenige andere ältere Fahrzeuge sind bis heute auf den Super-Kraftstoff 95 E5 angewiesen. Die meisten anderen können mit E10 fahren, für Sportwagen gibt es Super Plus und Premiumsorten. Doch Deutschland hält als einziges EU-Land an Super 95 fest. Warum?
Der Kraftstoff Super 95 E10 hatte es von Anfang an nicht leicht. Bei seiner Einführung in Deutschland ab 2011 ging so einiges schief und wurde nicht eindeutig kommuniziert. Bis heute bleiben davon Mythen und falsche Annahmen zurück – wie etwa, dass E10 grundsätzlich den Motor schädigt. Solche Fehleinschätzungen sind längst und mehrfach von Forscherteams widerlegt worden. Als hätten diese Startschwierigkeiten nicht gereicht, sorgte ein weiterer Punkt für Skepsis und Kritik auf Seiten der Verbraucher: Kurz nach der Einführung von E10 verschwand an einigen Tankstellen das altbekannte Super E5; viele ersetzten es schlichtweg durch den neuen Benzinkraftstoff und boten daneben nur noch Super Plus an. Das war jedoch nicht im Sinne der Verbraucher und der Aufschrei entsprechend groß, sodass der ADAC sogar Klage erhob.
Denn Super E5 war als Schutzsorte für die rund 3,5 Millionen Benziner, die aufgrund technischer Unverträglichkeiten kein E10 tanken konnten, festgelegt worden. Schon die EU-Richtlinie 2009/30/EG sah bei der Einführung von E10 vor, dass bis 2013 parallel an der gleichen Tankstelle auch ein Kraftstoff mit E5, also einem Bioethanolanteil von maximal fünf Prozent, angeboten werden musste. Deutschland integrierte diese Bestandsschutzgarantie in die 10. Bundes-Immissionsschutz-Verordnung – allerdings ohne Befristung. Dabei war das Qualitätsmerkmal von 95 Oktan entscheidend – Super Plus hat einen von 98.
Bis heute müssen sich die Tankstellen also an dieses Gesetz halten, auch, wenn der Bestandsschutz längst hinfällig ist, wie Mineralölunternehmen, -verband und ADAC finden. Die Verpflichtung kann nur durch gesetzliche Änderungen ausgesetzt werden. Bestrebungen seitens der Bundesregierung, die Bestandsschutzregelung abzuschaffen, gibt es derzeit allerdings nicht.
Alle Verbraucher müssen bedient werden
Für den ADAC ist es vor allem wichtig, dass für den mittlerweile nur noch kleinen Teil der Fahrer, die einen Pkw führen, der kein E10 verträgt, ein Ausweichangebot bestehen bleibt, so eine Sprecherin. Dennoch empfiehlt der Verband ausdrücklich E10, wenn die Verträglichkeit des Fahrzeugs bestätigt wurde. Und das sind heute praktisch alle Fahrzeuge ab einem Baujahr von 2011. „Das ist nicht nur aus Umweltgründen sinnvoll, sondern angesichts des hohen Preisniveaus an den Tankstellen auch finanziell attraktiv“, heißt es. E10 ist in der Regel etwa sechs Cent preiswerter als E5.
Auch die Verbraucherzentrale hält eine Abschaffung der Vorhaltepflicht für unkritisch, solange ein Grundprinzip eingehalten wird: „An Tankstellen muss immer Superbenzin und Diesel verkauft werden“, sagte ein Sprecher. Die angeblichen Boni der Premiumspritsorten zweifelt die Verbraucherzentrale eher an. „Der hohe Aufpreis lohnt sich nicht und wir raten davon ab.“ Vor allem im Stadtgebiet macht Power-Sprit wenig Sinn, zumal dessen Vorzüge erst bei Geschwindigkeiten von über 100 km/h zum Tragen kämen.
Ein Wegfall der Sorte E5, solange es weiter Super Plus gäbe, sei demnach für den Verbraucher zumutbar. Wer seinem Auto so wenig Bioethanol wie möglich einfüllen möchte, kann in Deutschland weiterhin auf Premium-Sorten zurückgreifen. Super Plus 98 ist hierzulange fast immer ohne Ethanolbeigabe. Ältere Pkw und Oldtimer wären demnach weiterhin versorgt.
Mineralölunternehmen wären bereit für Änderung
Seit der Einführung von E10 habe sich die Zahl der Benziner stark erhöht, während die Zahl der Autos, die E10 nicht vertragen, weiter abgenommen habe, sagte die Sprecherin eines internationalen Mineralölunternehmens. „Fast jeder Benziner, der heute auf der Straße fährt, verträgt E10.“
Inzwischen erreicht der Kraftstoff auch in Deutschland rund 25% auf dem Markt. Viele Autofahrer haben – womöglich auch aufgrund der hohen Spritpreise – ihre Skepsis und Gewohnheiten abgelegt und gute Erfahrungen mit E10 gemacht.
Auch die Aral hält die Aufhebung der gesetzlichen Verpflichtung für sinnvoll. Sie verweist auf die europäischen Nachbarstaaten Belgien, Niederlange und Luxemburg, die bereits vor Jahren Super 95 E5 vollständig aus dem Sortiment genommen und durch E10 ersetzt haben, „ohne, dass es zu Problemen auf Kundenseite gekommen wäre“.
Für Tankstellenbetreiber hätte der Wegfall der E5-Vorhaltepflicht auch Vorteile: Sie wären flexibler darin, welche Kraftstoffe sie anbieten. Es würden Säulen und Tanks frei, die wiederum Platz für neue fortschrittliche Kraftstoffsorten wie E20 machen würden. Denn nicht alle Kraftstoffe werden an den Tankstellen gleichermaßen nachgefragt. So würde eine bedarfsgerechtere Auswahl für Verbraucher an den einzelnen Tankstellen möglich.
„Eine Abschaffung der E5-Pflicht wäre ein sinnvoller und wichtiger Schritt“, heißt es seitens Aral.
Wenig Information seitens Politik
Unterstützung findet das Unternehmen auch beim Wirtschaftsverband Fuels & Energie (en2x), der nach eigener Aussage „vor geraumer Zeit vorgeschlagen [habe], die Verpflichtung zum Vorhalten der Schutzsorte Super E5 aufzuheben“. Doch mehr könne man derzeit nicht tun. Es hänge allein von der Politik ab, das Gesetz entsprechend anzupassen. Wie die Planungen und der aktuelle Stand diesbezüglich sind, ist derzeit unklar – auf eine Anfrage dieser Redaktion antwortete das Bundesumweltministerium bislang nicht.